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"Mangold und Pastinake"

Vergessene Gemüsesorten neu entdeckt
Elke Achtner-Theiss, Sabine Kumm


Mammutschnitzel an Meldensalat, Graue Mölle mit oder ohne Kalbskopfsülze oder Blue Salad Potatoe mit Bio-Portulak ... wie bitte? Sie haben richtig gelesen, aber vielleicht nicht richtig verstanden. Denn was, bitteschön, verbirgt sich hinter Meldensalat oder Grauer Mölle?


Meerkohl und Knollenziest

94-12-mangold-pastinake-thorbeckeEs sind alte Gemüsesorten, die unsere Großmütter noch kannten, uns heutzutage aber Rätsel aufgeben. Zugegeben, Portulak sieht man hier und da schon mal auf einem Biomarkt, auch Petersilienwurzel, Pastinake und Topinambur. Bei Meerkohl und Knollenziest wird’s schon schwieriger, auch Guten Heinrich oder Zuckerwurzel findet man vielleicht noch im eigenen Garten, nicht aber auf dem Wochenmarkt.

Aber warum sind diese alten Gemüsesorten verschwunden?
"Sie mochten sich der Bearbeitung mit Maschinen nicht beugen, der Ertragsoptimierung nicht unterwerfen. Manche widersetzten sich chemisch-synthetischem Dünger oder fühlten sich von Unkrautvernichtungsmitteln persönlich getroffen. Biobauern gaben den Verweigerern eine neue Heimat in artgerechter Umgebung."

Die Erklärung ist eindeutig, das Wissen um die "Oldies" leider mit den Jahren verloren gegangen. Aber mit der Rückbesinnung auf regionale Produkte, die beim Bauern um die Ecke wachsen (falls es ihn gibt), sonst aber in der näheren Umgebung unserer Städte in Hofläden zu finden sind, kommen auch die alten Gemüsesorten wieder.

Nostalgie im Gemüsegarten

Dieses Buch macht in heiteren, mit Anekdoten und Geschichten gespickten Texten mit Giersch und Haferwurzel bekannt, mit Kardy und Kerbelrübe, mit Erdmandel und Süssdolde. Alte Bildtafeln mit kolorierten Zeichnungen von Pflanzen und Gemüsen illustrieren die Nostalgie "guter alter Zeiten". Die Autorinnen unternehmen 40 spannende Ausflüge in die Urzeiten unserer Ernährung, als der Anteil tierischer Nahrung bei mehr als 65 Prozent lag:
"Homo sapiens baute Fallen, bastelte Speere, Pfeil und Bogen, um frisches Fleisch zu ergattern. An Nachhaltigkeit kein Gedanke. Sobald er einen Landstrich leergewildert hatte, zog er zum nächsten."
Aber es gab sie, die Gemüse in der Nahrung, davon zeugen archäologische Funde. Und irgendwann kamen die Menschen auch auf den Ackerbau, dann auf den Gartenbau, der (Unkraut)Pflanzen zutage förderte, die zwar noch nicht als Speise, aber zumindest als Heilmittel Verwendung fanden.

Geschichte der Ernährung

Von der Steinzeit bis zum alten Rom, vom Mittelalter bis in die Neuzeit – in heiterer Form wird die Geschichte unserer Ernährung erzählt – und die ist vielfältig und verblüffend, berichtet von Armenspeise, üppigen Gelagen und Klostergärten ebenso wie von Fleischgerichten, deren Geruch man tunlichst mit Gewürzen "überpuderte", und von zu dickem Mus verkochten Produkten aus dem Garten. Vom "Mus" bekam das "Gemüse" seinen Namen.

Ein unterhaltsames, kenntnisreiches Buch, dessen besondere Gestaltung beim Wettbewerb der Stiftung Buchkunst als eines der schönsten deutschen Bücher 2007 ausgezeichnet wurde.

Altes Gemüse kann eben ausgezeichnet schmecken!

Verlag Thorbecke, 2007, 144 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, 24.90 Euro