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Ian McEwan

"Solar"

Klein, übergewichtig, kahlköpfig, klug: Seltsamerweise sind solche Männer attraktiv für manche Frauen. Im Falle des Physikers Michael Beard waren es besonders viele: Beard ist zum 5. Mal verheiratet, elf Geliebte hat er allein während dieser wenigen Ehejahre verschlissen. Seine derzeitige Gattin hat die Fehltritte soeben entdeckt – und sieht nun ihrerseits keinen Grund mehr, ihrem Mann treu zu sein.


Ian McEwan, Solar Vergangener Ruhm

Der Professor rast plötzlich vor Eifersucht. Seit vielen Jahren hat er sich auf seinem früheren Ruhm als Physik-Nobelpreisträger ausgeruht. Er jettet durch die Welt und hält Vorträge über seine einstige Entdeckung, das Beard-Einstein-Theorem; aber weder an dem von ihm geleiteten Institut für erneuerbare Energien, das sich mit der Entwicklung einer dürftigen Windturbine herumplagt, hat er mehr Interesse, noch an den ehrgeizigen Plänen seines jungen Mitarbeiters Aldous, der glaubt, die Lösung für das Energieproblem der Menschheit in Händen zu haben.

Missgeschick mit Eisbärfell

Im Gegenteil: Beard braucht all seine Energien (die er mit vielen Drinks immer wieder erneuern muss), um seine Frauengeschichten auseinander- bzw. zusammenzuhalten und sich kleine Fluchten – beispielsweise ins arktische Eis - zu organisieren. Am Schnittpunkt von ehelichem Betrugsdrama und beruflichem Angeödetsein aber spielen dann ein Eisbärfell und eine Glastischplatte die ungute Hauptrolle; es passiert ein dickes Missgeschick, das Folgen hat – und zwar nicht zu knapp.

Satire, Sex und Erneuerbare Energien

Ian McEwan ist, das macht jeden neuen Roman von ihm zum Vergnügen, ein gründlicher Rechercheur und großartiger Erzähler. In "Solar" unternimmt er mit der Demontage seines Möchtegernhelden Micheal Beard einen hoch komischen Ausflug in die Satire, wo er Männer, Frauen und Sex durch die Mangel dreht. Mit beißendem Sarkasmus führt er vor, wie sich Wissenschaftler, das Schreckgespenst des Klimawandels im Rücken, gegenseitig mit unlauteren Mitteln Forschungsergebnisse und Meriten abjagen und die Pfründe abzusichern versuchen, die – in Gestalt erneuerbarer Energien – viel, viel Geld versprechen. So steckt in McEwans Roman eine Menge Gesellschaftskritik.
Was am Ende dabei herumkommt, ist allerbeste Unterhaltung der angelsächsischen Art.
(Gabi von Alemann)

"Solar", Ian McEwan
Diogenes Verlag 2010, 403 Seiten, 21,90 Euro
als Hörbuch 9 CDs, 34,90 Euro

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