Masthühner voller Antibiotika
14.11.2011 Vor fast genau einem Jahr kamen die Schreckensmeldungen aus Niedersachsen (dazu unten unser Bericht vom 28.10.2010), jetzt bestätigt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen: 96,4 % aller Masthühner sind intensiv mit Antibiotika behandelt worden.
Antibiotika für den Schnelldurchgang
Im Untersuchungszeitraum Februar bis Juni 2011 haben die Prüfer die Mast von 15,2 Millionen Hühnern kontrolliert, mit dem Ergebnis, dass 96,4% in diesem Zeitraum mit Antibiotika behandelt worden sind. Im gesamten Jahr 2011 werden in NRW von 57 Millionen Masthühnern 55 Millionen mit Antibiotika gefüttert, durchschnittlich mit 3 verschiedenen Wirkstoffen, in vielen Fällen mit bis zu 8 Wirkstoffen in ihrem 35-tägigen Leben. Nur 2 Millionen Hühner werden nicht antibiotisch aufgezogen, in kleineren Betrieben unter 20.000 Tieren, die erst in einer sogenannten Langmast nach 45 Tagen ihr Schlachtgewicht von ca. 2,5 kg erreichen.
Wachstumsdoping oder Gesundheitsdoping
Ein derart durchgängiger Antibiotikaeinsatz läßt sich nur damit erklären, dass entgegen den seit 2006 geltenden Vorschriften weiterhin auf Wachstum 'gedopt' wird, um einen höheren Gewinn zu erzielen. Massentierhaltung mit bis zu 170.000 Tieren in einem Betrieb ist offenbar ohne massiven Medikamenteneinsatz gar nicht mehr möglich, und deshalb müssen die Tiere 'gesund' gedopt werden. Diese Hühner landen dann bei uns auf dem Teller.
Konsequenz für uns Verbraucher
Da Politiker sich immer wieder von solchen Untersuchungen 'überraschen' lassen und es meist Ewigkeiten dauert, bis sich gegen den Widerstand der Agrarlobby wirklich etwas in der Praxis ändert, müssen wir selbst etwas ändern. Wir sollten den Einkauf von Hühnerfleisch sofort reduzieren, insbesondere Kinder brauchen keine 'Wachstumshormone' aus der Massentierhaltung von Hühnern. Wir sollten stattdessen lieber das deutlich teurere Hühnerfleisch von kleineren Betrieben auf dem Bauernhof oder vom Markt kaufen. Unsere eigenen Gesundheit zuliebe.
Der Bericht vom 28.10.2010 über Niedersachsen:
Antibiotika in Hühnerfleisch sind eine Bedrohung für Menschen. Masthühner werden mit den gleichen Antibiotika behandelt, die Ärzte auch Menschen verschreiben. Immer mehr Keime sind resistent gegen diese Antibiotika, die dann auch beim Menschen nicht mehr helfen.
Massentierhaltung nur noch mit Antibiotika
Das Landwirtschaftsministerium Niedersachsen bestätigt, dass in den letzten 10 Jahren immer mehr Antibiotika eingesetzt worden sind. Jedes zweite Masthuhn in Deutschland kommt aus Niedersachsen. 1850 Betriebe 'produzieren' auf etwas 30 Millionen Stellplätzen etwa 300 Millionen Masthühner pro Jahr. Die Ansteckungsgefahr ist groß in der industriellen Massentierhaltung, in der 39 kg Huhn pro m² erlaubt sind. Das sind etwa 24 'erwachsene' Masthühner pro Quadratmeter, auf einem DIN A4 Blatt hätte ein Huhn 50% mehr Platz. Kein Wunder, dass die Ansteckungsgefahr in diesem Gedränge groß ist und damit die Notwendigkeit des umfangreichen Antibiotikaeinsatzes argumentiert wird. Denn Antibiotika sind zwar seit 2006 als Wachstumsförderer verboten, aber als Medizin erlaubt - trotzdem hat man die pharmazeutische Produktion stark gesteigert. Warum?
Mehr als ein halbes Leben mit Antibiotika
In den letzten Jahren sind die Behandlungen mit Antibiotika pro Mastdurchgang von 1,7 auf 2,3 gestiegen. Da jede Behandlung mehrere Tage dauert, werden Masthühner in der Hälfte bis zu Zweidrittel ihrer kurzen Lebenszeit von durchschnittlich nur 35 Tagen mit Antibiotika behandelt. Wenn einzelne Hühner erkranken, behandelt man wegen der Ansteckungsgefahr oft zehntausende gesunde Masthühner ebenfalls und in der Folge damit auch die Konsumenten, die das Hühnerfleisch essen, damit unfreiwillig regelmäßig Antibiotika einnehmen, die im Ernstfall bei ihnen selbst nicht mehr wirken. (1002) |